Die letzte Ratssitzung der EZB endete mit einem für Mario Draghi ungewöhnlichen Statement, in dem er von den Marktteilnehmern forderte, die Schwankungen in den Anleihen zu akzeptieren und sich daran zu gewöhnen. Andere Maßnahmen seien, wie Draghi fortfuhr, derzeit nicht geplant. Allein Draghis Aussagen ließen die Bundesanleihen sehr stark schwanken und mit einer Wertminderung für deutsche Staatsanleihen einhergehen. Entgegen erreichten Bundesanleihen mit 10-jähriger Laufzeit den höchsten Stand im letzten halben Jahr.
EZB strebt Inflationssteigerung an
Schuld an der Volatilität ist die Inflationsrate im Euroraum, worüber sich Spezialisten am Kapitalmarkt einig sind. Die Erwartung tendiere ebenfalls nach oben und selbst die EZB befürwortet eine Steigerung der Inflationsrate. Negative Raten von Dezember 2014 bis März 2015 hatten im Vergleich zum Vorjahr eine stagnierende Performance. Ab Mai sind die Verbraucherpreise um 0,3 Prozent gestiegen und der Anleihemarkt geriet in Bewegung. Mit ihrem laufenden Anleihekaufprogramm zielt die EZB genau auf die steigende Inflation ab und befürwortete daher die Preiserhöhung, mit der Verbraucher seit Mai Vorlieb nehmen müssen. Eigentlich sprach man vor nicht allzu langer Zeit von sinkenden Zinsen und einem erhöhten Deflationsrisiko. Aktuell steigen die Wirtschaftserwartungen und das Risiko der Deflation sinkt, obwohl der Anleihekauf insgesamt eine Billion Euro umfassen soll. Am Anleihemarkt kann von einem Aufwärtstrend aber noch keine Rede sein und die Performance unterliegt weiter den aktuell bekannten und mit Skepsis bedachten Schwankungen.
Leitzins und Bauzinsen im Visier
Der EZB Leitzins liegt aktuell bei 0,05 Prozent und hält sich tapfer auf dem historischen Tiefstand. Beim Spitzenrefinanzierungssatz in kurzfristigen Krediten liegt der Zins bei 0,3 Prozent und Kurzeinlagen bei Banken werden nach wie vor mit einem Negativzins von 0,2 Prozent bedacht. Bauzinsen siedeln sich über 1 Prozent an und sind weiter günstig. Eine Änderung mit steigender Tendenz der Kreditverzinsung im Bereich Bauen ist aber nicht ausgeschlossen, wenn die Renditen bei Staatsanleihen hierfür einen Startschuss geben. Anders als der Leitzins, der die langfristigen Kreditzinsen nicht beeinflusst, nimmt das EZB Kaufprogramm sehr wohl einen Einfluss auf den allgemeinen Zinsmarkt und könnte sich dementsprechend auf die aktuell günstigen Bauzinsen auswirken. Noch immer beherrschen Krisen, beispielsweise in Griechenland, den Finanzmarkt und schließen eine klare Tendenz, sowie eine Vorhersage einer wirtschaftlichen Steigerung in absehbarer Zeit aus.
Baufinanzierungszinsen springen um fast ein halbes Prozent nach oben
Anders als der Leitzins, der sich nicht direkt auf die langfristigen Zinsen niederschlägt, hat das laufende EZB-Kaufprogramm für die Renditen der Staatsanleihen einen Einfluss. An ihnen orientieren sich wiederum die Renditen für Pfandbriefe und die Baufinanzierungszinsen . Der beste Zins für 10-jährige Hypothekendarlehen stabilisierte sich bereits im Mai über einem Prozent und erreichte Anfang Juni 1,3 Prozent. Obwohl die Baufinanzierungszinsen um knapp 0,4 Prozent innerhalb weniger Wochen angestiegen sind, sollten Baufinanzierungsinteressenten nicht in Panik verfallen, denn das Zinsniveau ist weiterhin extrem günstig. Ende Dezember lag der Zins bei knapp 1,4 Prozent, dass heißt, die Werte aus dem Vorjahr wurden noch gar nicht erreicht. Angesichts der teils extremen Schwankungen auf dem Anleihenmarkt ist unbedingt darauf zu achten, vor Abschluss eines Finanzierungsangebots das jeweilige Zinsniveau zu prüfen. Eine Veränderung von nur wenigen Prozentpunkten kann zu mehreren Tausend Euro Unterschied bei den Finanzierungskosten führen.
Tendenz:
kurzfristig: leicht steigend
langfristig: steigend
Ein sehr interessanter Beitrag, danke! Möchte man im Moment einen Kredit aufnehmen, ist es einfach optimal und so ‚günstig‘ wie noch nie. Ich frage mich wie lange es diese Kredite geben wird mit so einem niedrigen Zinssatz. Ich nehme an, die Baubranche boomt gerade enorm. Ich freue mich auf weitere Beiträge!